Der Gast im Garten
Cover © Insel Verlag

Der Gast im Garten

20. Februar 2025 Aus Von admin

Japan in den Jahren 1989-91: Ein Ehepaar lebt zur Miete in einem Gartenhäuschen auf dem Grundstück eines großen Anwesens. Es ist keine leichte Zeit für sie. Die Einkünfte der beiden sind gering. Ihre Vermieter ziehen eines Tages aus dem großen Haus in eine Seniorenresidenz um und damit weiß das Paar, dass auch sie bald ausziehen müssen.

Während dieser angespannten Zeit taucht überraschend ein Gast im Garten auf, eine kleine Katze, die ihnen fortan die Tage versüßt. Sie gehört eigentlich den Nachbarn, aber das stört die Katze wenig. Chibi kommt und geht, wann es ihr passt und alle sind damit zufrieden. Sie verbringt gern Zeit mit dem Pärchen. Die weiße Katze mit den schwarzen und braunen Flecken schleicht sich in ihre Herzen ein und wird immer mehr Teil des Haushalts. Bald schon hat sie ihre eigene Schlafnische und bekommt ab und an eine frische Makrele gebraten. Doch der herannahende Auszug aus dem Gartenhaus und der bevorstehende Abschied trüben die Stimmung. Das Paar überlegt, wie es Chibi trotzdem nah sein kann. Doch es kommt anders als erwartet.

Klar, detailreich und sanft wie ein Pinselstrich

Takashi Hiraide hat zunächst als Verlagslektor gearbeitet, bevor er sich dem Schreiben widmete. Er verfasste etliche Gedichtbände und Essays. „Der Gast im Garten“ ist sein erster Roman.

Die ersten Seiten des Buches sind sehr überwältigend: Der Hiraide spart nicht mit Details. Er möchte uns als Leser*innen ein klares Setting liefern, denn im Verlauf der Geschichte werden das Innere des Häuschens, die Lage im Garten und zur angrenzenden Blitzgasse eine wiederkehrende Rolle spielen. Wenn man diese ersten Seiten des Grundrisses überstanden hat, entfaltet sich ab dem zweiten Kapitel eine sanft fließende Erzählung.

Hiraides Beschreibungen zu folgen ist wie auf einem unbefestigten Pfad zu wandern. Mal geht es ganz leichtfüßig voran, an einer Abbiegung kommt man ins Wanken und dann legt man das Buch beiseite, um innezuhalten. Kurze Pausen ermöglichen es, seine facettenreichen Bilder in sich aufnehmen und wirken lassen zu können. Hie und da trifft man auch auf fremde Wörter, die zum Nachschlagen anregen: Wer zuvor nicht wusste, was ein Tatami oder eine Tokonoma-Nische sind, der wird solche gegenläufigen Wellen nutzen können, um nach einem kurzen Blick ins Glossar wieder in ein neue Art von Textfluss zu finden. Nur um kurz darauf wieder beinahe zu kentern.

Ausflug in die japanische Kultur

Wer bisher nicht sonderlich mit dem japanischen Alltag und der dortigen Lebensweise vertraut ist, muss sich keinesfalls Sorgen machen, dass er den Beschreibungen nicht folgen könnte. Im Buch werden zwar immer wieder japanische Einrichtungsgegenstände, Kleidung und andere Begrifflichkeiten erwähnt. Sie werden aber immer umschrieben, so dass man nicht ständig nachschlagen muss, worum es geht. Am Ende des Buchs befindet sich ein Glossar, das noch einmal ausführlich erklärt, worum es sich bei diesen Dingen handelt und wofür sie genutzt werden.

Mit Bildern von Quint Buchholz

Bereichert wird Hiraides Erzählung mit Bildern von Quint Buchholz (*1957). Der deutsche Illustrator hat auch „Nero Corleone“ und „Nero Corleone kehrt zurück“ von Elke Heidenreich bebildert. Buchholz schafft tiefe Bilder, die so leicht und diffus wirken wie eine Luftspiegelung an einem Sommertag. Die Motive sind leicht schummrig, nicht gestochen scharf und doch genau auf den Punkt – ja ein wenig erinnern sie mich an Werke des Pointillismus. Kaum ein anderer Illustrator hätte sich für dieses Buch besser eignen können: Buchholz‘ feine Zeichnungen schmiegen sich sacht an Hiraides dichterischen Sprachfluss.

Titel: Der Gast im Garten
Autor: Takashi Hiraide
Illustrator: Quint Buchholz

Übersetzerin: Ursula Gräfe
Jahr: 2015 (erstmalig 2001 in Japan)
Verlag: Suhrkamp | Insel Verlag, Berlin

ISBN: 978-3-458-74047-6

Preis (Taschenbuch): 7,99 €