
Katzennächte
Katze Cleo will einfach nicht spielen. Den ganzen Tag verschläft sie! Marie fragt sich: Was treibt ihre Katze nur, dass sie ständig müde ist? So schnell wird Marie das nicht erfahren − aber wir dürfen Cleo auf ihrem nächtlichen Streifzug begleiten: Auf geht’s! Cleo schlüpft durchs Fenster in den Garten und begibt sich auf Erkundungstour durch die Nachbarschaft. Dabei trotzt sie so mancher Gefahr und fängt sich einen kleinen Mitternachtssnack. Im Morgengrauen trifft sie dann noch kurz ein paar andere Katzen und Kater, bevor sie zufrieden heimkehrt und sich wieder schlafen legt. Katze müsste man sein!
„Katzennächte“ wurde von Hanne Brandt geschrieben und ist erstmals 1987 unter dem Titel „Kattenatten“ in Dänemark erschienen. Die hier abgebildete deutsche Ausgabe stammt in 2. Auflage aus dem Jahr 1995 und wurde vom Wolfgang-Mann-Verlag herausgegeben.
Die Geschichte ist in einfachen, kurzen Sätzen erzählt und eignet sich darum prima zum Vor- und Selberlesen. Die Tiere sprechen in diesem Buch nicht. Außerdem finden wir hier eine auktoriale Erzählweise vor. Das ist etwas schade, da die Figuren dadurch eher flach bleiben.
Was diesem Buch wirklich gut gelingt, ist, dass es Katzen als eigenständige Wesen porträtiert. Das wird besonders an zwei Stellen deutlich:
Zu Beginn lernen wir Marie kennen, die mit ihrer Katze Cleo spielen möchte. Cleo bevorzugt aber auf dem Sessel zu dösen. Marie ist jedoch ungeduldig und zieht Cleo darum am Schwanz. Daraufhin schreitet ihre Mutter ein und gibt zu bedenken, dass Katzen ihr eigenes Leben führen. Das Buch stellt also den respektvollen Umgang mit Tieren gleich zu Beginn heraus.
Einen zweiten Pluspunkt finden wir im Anhang des Buches: Dort gibt es eine leicht verständliche Übersicht über kätzische Körpersprache. Es wird erklärt, wie Katzen ihre Körperhaltung verändern, wenn sie sich freuen, ängstigen, angriffslustig oder zufrieden sind.
Das Buch spinnt also weniger eine spannende Geschichte, sondern möchte vor allem zwischen Mensch und Tier vermitteln. Dabei wirkt die Story aber nie belehrend. Dieser Balanceakt zwischen Erklärung und Unterhaltung gelingt, weil wir Cleos Nachtleben kennenlernen können – wir beobachten aus der Ferne und können darum auch verstehen, warum Cleo am nächsten Tag so müde ist. Ganz nach der Devise: Zeigen statt Reden.
Nur erfährt Marie leider nichts von Cleos Ausflügen. Stattdessen darf Cleo ihre Geheimnisse behalten. Welch ein Segen, dass dieser Katze noch keine GoPro-Kamera um den Hals gehängt werden konnte, um Herrchen*Frauchen auch ja auf dem Laufenden zu halten. Die Geschichte zeigt eben auch: Geheimnisse brauchen wir alle.
Corinna Naujok hat das Buch illustriert und darüber hinaus den Text ins Deutsche übertragen. Ihre Zeichnungen sind nicht nur liebevoll gestaltet, sondern verleihen den Wesen einen starken Ausdruck. Es ist Naujok hochanzurechnen, dass sie eine große Dynamik in die Nachtszenen einbringt, in denen ja vor allem dunkle, wenig abwechslungsreiche Farben überwiegen.
Das Layout würde heutzutage in einer neuen Auflage gewiss anders ausfallen: Die Anordnung des Textes, die Schriftart und den Schriftschnitt würde man kindgerechter wählen. Aber natürlich darf man an dieser Stelle nicht vergessen, dass dieses Bilderbuch fast drei Jahrzehnte auf dem Buckel hat und damals andere Standards üblich waren.
Alles in allem lohnt sich ein Blick in „Katzennächte“. Und auch wenn die Geschichte ein wenig Pepp vertragen könnte, laden die schönen und detailreichen Farbzeichnungen zum Blättern ein.
Die Rezension bezieht sich auf ein Exemplar der 2. Auflage von 1995 aus dem Wolfgang-Mann-Verlag und ist nur noch antiquarisch zu erwerben.
Text: Hanne Brandt
Illustration & dt. Übersetzung: Corinna Naujok
Originaltitel: Kattenatten
Ersterscheinung: 1987 Munksgaard, Kopenhagen